Am 17. Oktober 2018 veranstaltete das Politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen e.V. im Kulturforum Haus Dacheröden eine Abendveranstaltung im Rahmen der Erfurter Europa Gespräche mit dem Thema „Unabhängigkeit – Okkupation – Partnerschaft. Eine historische Analyse der deutsch-litauischen Beziehungen“.
Maja Eib, Landesbeauftrage der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen, sprach in ihrer Begrüßung davon, dass die europäische Integration die wichtigste Errungenschaft in Europa im 20. Jahrhundert gewesen sei und es deshalb besonders wichtig sei eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur zu entwickeln. Gerade in jüngsten Zeiten werde Europa von Terrorismus, Nationalismus, Populismus und Separatismus bedroht. Doch für die Zukunft Europas sei es essentiell, dass die Menschen Europa immer wieder eine Chance geben würden.
Anschließend hielt Prof. Dr. Joachim Tauber, Direktor des Nordost-Instituts an der Uni Hamburg und Vorsitzender des Deutsch-Liatuischen Forums, hielt einen Vortrag über die besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und Litauen in den Jahren 1918 bis 1990. Tauber machte an Beispielen deutlich, dass Deutschland nach Russland den zweitgrößten Einfluss auf Litauen gehabt habe. 1939 im Hitler-Stalin Pakt teilten Deutschland und Russland die osteuropäischen Staaten zwischen sich auf, was dazu führte, dass die Russen 1940 in Litauen einmarschierten und das Land okkupierten. Als später die Deutschen nach Litauen kamen, mussten die Litauer jedoch feststellen, dass die deutschen Besatzer nicht besser waren als die russischen. Nach dem Krieg führte erst Stalins Tod dazu, dass sich die Lage in und für Litauen entspannte. Gleichzeitig verlor die Bundesrepublik während des Kalten Krieges jeglichen Kontakt zu Litauen. Lediglich die DDR hatte Beziehungen zu Litauen. Die westliche Geschichtsschreibung hatte das Fortbestehen des litauischen Nationalgefühls unterschätzt und wurde ab 1988 eines Besseren belehrt.
Nach Prof. Dr. Taubers Vortrag sprach Botschafter a. D. Dr. Dietrich von Kyaw über die Beziehungen zwischen Deutschland und Litauen seit 1990 und die Partnerschaft der beiden Länder in der EU und der NATO. Von Kyaw machte zuerst deutlich, dass die Litauer im Herzen Europas angekommen sein und ihren Platz in der EU gefunden hätten. Deshalb müsse die wiederbelebte Partnerschaft und Freundschaft zwischen Litauen und Deutschland gepflegt, weiterentwickelt und erhalten werden. Weiterhin sprach er davon, dass die Litauer durch den Kalten Krieg immer noch von Russland geprägt sein und Angst vor ihrem großen Nachbarn hätten. Von Kyaw plädierte dafür, dass man Russland besser kennen lernen und verstehen müsse, machte aber auch gleichzeitig deutlich, dass dies für die Balten aufgrund ihrer Vergangenheit mit Russland unmöglich sei. Es gäbe jedoch viele sich deckende und gemeinsame Interessen zwischen Deutschland und Litauen innerhalb der EU, weshalb die deutsch-litauischen Beziehungen auch weiterhin gepflegt werden müssten. Bezüglich des Schutzes Litauens durch Deutschland machte von Kyaw deutlich, dass ein Mittelweg gefunden werden müsste, da man einerseits ein Signal an Russland senden müsste, dieses andererseits aber nicht zu stark und provozierend ausfallen dürfte.
An der anschließenden Diskussion und Fragerunde nahm auch der Botschafter der Republik Litauen in Deutschland Darius Jonas Semaška teil. Semaška gab einen Lagebericht zu der politischen und wirtschaftlichen Situation Litauens ab und berichtete, dass positive Veränderungen im Land zu spüren sein. Auch die EU bewertete er durchaus positiv, da er der Meinung ist, dass die EU den Menschen mehr Vorteile bringe. Außerdem habe sich der Lebensstandard erhöht, sodass erstmals mehr Menschen nach Litauen einwandern als auswandern. Die Wirtschaft und Gehälter würden wachsen und die Litauer seien daran interessiert, ihr Land mit aufzubauen und zu gestalten. Auch die Integration zwischen Estland, Lettland und Litauen schreite stetig voran, da alle drei Länder daran interessiert seien, die Zusammenarbeit noch zu verstärken und intensivieren. Auf die Frage ob sich die Litauer als Nord- oder Osteuropäer bezeichnen würden, antwortete der Botschafter, dass sich die Litauer als Nordeuropäer ansehen und fühlen. Da Deutschland einer der wichtigsten Handelspartner Litauens sei, ist Litauen auch weiterhin daran interessiert eng mit Deutschland zusammenzuarbeiten.
Bernd Moser, Vorstandsmitglied des Deutsch-Litauischen Forums, hielt ein Schlusswort, indem er deutlich machte, dass sich Europa nicht nur durch die deutsch-französische Freundschaft weiterentwickeln können, weshalb gerade auch die deutsch-litauische Freundschaft und Partnerschaft nicht nur für die jeweiligen Länder, sondern für ganz Europa wichtig sei. Auch bedankte sich Bernd Moser bei Maja Eib und der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen für die gute Zusammenarbeit und überreichte ihr zusammen mit dem Botschafter Semaška einen litauischen Baumkuchen als Geschenk.